224 Mal zwischen 2006 und 2019 lief Philip Rivers als Starting-Quarterback für die San Diego, später Los Angeles Chargers auf. Sein Abgang hatte sich im Laufe der letzten ein bis zwei Jahre abgezeichnet. Es wird für das Team, aber auch für die Beobachter eine massive Umstellung werden, während Rivers von Fabian in Indianapolis ausgezeichnete Perspektiven prognostiziert werden. Bei den Chargers wird sich viel auf die Defense und die Entwicklung eines jungen Quarterbacks fokussieren.
Offense
Die Ausrichtung einer Offense hängt immer stark vom jeweiligen Spielmacher ab. Das Spannende bei den Chargers ist, dass die Stärken von Tyrod Taylor und Rookie Justin Herbert derart unterschiedlich sind. Die Effizienz-Statistiken von 2019 dürften kaum noch relevant sein, denn die Bolts hatten jedoch auch mit einem guten Quarterback als Gefahr, massive Probleme zu laufen. Speziell Ken Whisenhunt hatte die Tendenz, Melvin Gordon bei First Down in eine Wand zu schicken. Whisenhunt wurde nach Woche acht von seinen Aufgaben als Offensive Coordinator entbunden, Shane Steichen übernahm und wurde nach Saisonende zum festen OC befördert.
Quarterback
Taylor ist ein immer noch mobiler Spieler, mit einer guten Genauigkeit auf kürzeren Routen und einem brauchbaren Arm. Er hatte in Buffalo einige ordentliche Jahre als Starter, der letzte Eindruck aus Cleveland ist jedoch einigermaßen verheerend. Gut, damit ist er bei den Browns in bester Gesellschaft. Head Coach Anthony Lynn hat betont, dass er Taylor zunächst als Starter sieht. Durch den Mangel an Vorbereitung und Testspielen sollten dessen Chancen weiter gestiegen sein. Justin Herbert ist ein großer Modellathlet, mit ausgesprochen starkem Arm. Allerdings war nicht nur ich (Ab Minute 31:00) nicht zu 100% von seiner Zukunft in der NFL überzeugt. 2019 konnte man den Eindruck gewinnen, dass ihm seine Coaches bei den Oregon Ducks den Ball oft in entscheidenden Situationen aus der Hand nahmen. Herbert wird Zeit brauchen und Taylor ist es zuzutrauen, eine funktionale Offense anzuführen.
Skill Positions
Keenan Allen und Mike Williams sind gesetzt. Beide werden keine Sprintrekorde brechen, speziell Allen hat sich jedoch als einer der besten Receiver der NFL etabliert. Er ist einer der besten Techniker auf seiner Position. In den letzten drei Jahren fing er jeweils an oder knapp über 100 Pässe und lag konstant über 1000 Yards pro Saison. Mike Williams hat deutlich mehr Physis und bei hoch angesetzten Pässen oft ein Mismatch gegen kleinere Gegenspieler. Er konnte sich in jedem Jahr etwa verbessern. Die große Frage lautet, wer die #3 hinter den beiden ist. Die Rookies Joe Reed (5. Runde) und K.J. Hill (7. Runde) werden hier sicherlich ihre Chance bekommen. Der Konkurrenzkampf im Kader dürfte auf keiner Position enger sein.
Tight End Hunter Henry spielt unter dem Franchise Tag. Wenn er gesund ist, gehört er zu den besten Spielern auf seiner Position. Virgil Green ist primär Blocker, Stephen Anderson jemand für eine H-Back Rolle. Den Chargers fehlt hier ganz klar die Tiefe. Verletzt sich Henry erneut, wird es dünn.
Bei den Running Backs beendete Melvin Gordon (Broncos) seine Zeit bei den Bolts. Sein Holdout hat ihm eher geschadet als geholfen, vor allen Dingen, weil Austin Ekeler in dieser Phase groß aufspielte. Ekeler bekam folgerichtig einen neuen Vertrag und ist auch als Receiver immer eine Gefahr. Justin Jackson und Rookie Joshua Kelly (4. Runde) komplettieren das Backfield.
Offensive Line
Die Chargers starten einen ernsthaften Versuch, die Offensive Line zu stärken. Die Frage ist, ob es beim Versuch bleibt. Brian Bulaga kam aus Green Bay, um Right Tackle zu spielen. Wenn er gesund ist, ist er eine deutliche Verstärkung. Links gibt es keine gute Option, denn Russel Okung wurde im Tausch mit Guard Trai Turner an die Panthers abgeben. Trent Scott, Sam Tevi and Trey Pipkins sind in der Verlosung. Alle jung und mehr oder weniger unerfahren. Los Angeles hatte Pipkins 2019 in der dritten Runde des Drafts gezogen. Laut Anthony Lynn ist Sam Tevi der Favorit auf den Posten. Innen gilt das Moto „Warten auf Forrest“: 2019 hatte sich Forrest Lamp endlich in die Startformation gespielt, bevor ihn einmal mehr eine Verletzung ausbremste. Trai Turner wird einen der Guard-Spots besetzen, auf Center kämpfen Mike Pouncey und Dann Feeney darum, starten zu dürfen.
Coaching
Shane Steichen ist unerfahren. Auf der anderen Seite waren viele Beobachter mit der Spielzugauswahl von Ken Whisenhunt ausgesprochen unzufrieden und seine Demission keine Überraschung. Anthony Lynn hat bis dato immer wert auf das Laufspiel gelegt und die Transaktionen in der Offensive Line sprechen dafür, dass dieser Bereich gestärkt werden soll. Am Ende hängt es im Wesentlich an zwei Dingen. Was traut man Tyrod Taylor zu und wie schnell entwickelt sich Justin Herbert?
Defense
Potential. Massives Potential. Die Chargers haben viel Athletik und einige herausragende Akteure. Namentlich Joey Bosa, Melvin Ingram und Derwin James. 2019 spielte die Einheit unter den Erwartungen. 3rd Downs des Gegners waren zu 45% erfolgreich, gut für Platz 28 in der Liga. Mit dem Punkteschnitt lag man im hinteren Mittelfeld. Das ist für das vorhandene Personal schlicht zu wenig. Gus Bradley bleibt weiterhin Defensive Coordinator. Wie stur der sein kann, zeigte das desaströse Playoff-Spiel nach der Saison 2018 bei den Patriots.
Front Seven
Money Man. Das dürfte sich Joey Bosa im Training Camp der Bolts anhören, das dieses Jahr von der Hardknocks-Crew begleitet wird. Es war ein teurer Deal, gleichwohl für einen der besten Spieler auf seiner Position. Auf der anderen Seite spielt Melvin Ingram. 2019 nicht ganz so gut wie 2018, dennoch sind diese zwei eines der besten Pass-Rush-Duos der Liga. Innen soll Linval Joseph insbesondere gegen den Lauf helfen. Wer die 3-Technique spielt, ist vollkommen offen. Jerry Tillery, Justin Jones und Damon Square sind in der Verlosung. Tillery hatte als First-Rounder ein schwaches erstes Jahr, es kann sportlich bei ihm nur besser werden. Der Spot könnte allerdings ein Schwachpunkt sein.
Auf Linebacker wird Rookie Kenneth Murray gesetzt sein. Los Angeles tradete extra an das Ende der ersten Runde, um den athletischen Akteur der Oklahoma Sooners zu draften. Denzel Perryman spielte 2018 ein Jahr unter seinen Erwartungen, dürfte aber gesetzt sein. Der einzige wirklich gute Spieler gegen den Pass ist Kyzir White. Auch er schlug sich bereits viel mit Verletzungen herum. Die Front Seven ist gut. Das einzige Problem könnte sein, dass man sich im Kader 2020 zu sehr auf den Lauf fokussiert hat.
Devensive Backs
Personell ist die Einheit gut aufgestellt. Der versatile Safety Derwin James ist sicher einer der aufregendsten Spieler auf seiner Position. Chris Harris Jr. kam aus Denver und auch Casey Hayward Jr. gehört zu den besseren Spielern der Liga. Die Frage ist, wo Desmond King auflaufen wird. Der Slot ist eine Möglichkeit, aber er kann sicherlich auch Safety spielen. Allerdings hält der Trainerstab auch große Stücke auf Rayshaw Jenkins, der in der Rolle als Free Safety bisher noch nicht überzeugen könnte. Hinter ihm wartet der talentierte Nasir Adderley aus Einsatzzeit.
Coaching
Gus Bradley wird weiterhin primär “seine” Cover 3 als Basis nutzen. Er hat allerdings angekündigt, etwas mehr zu variieren und ggf. auch öfter Man Coverage zu spielen. Es gibt Medien, die der Chargers Defense eine starke Saison voraussagen. Dafür müssen die personellen PS aber auch auf die Straße. Als Gegner kannst du auf zwei Dinge hoffen: Linebacker, die nicht coverrn können und die Sturheit von Gus Bradley.
Team Projection
Eine Bilanz zu tippen ist unglaublich schwer. Zu viel hängt vom Quarterback ab und das ist bei den Chargers neben Left Tackle das größte Fragezeichen. Der Spielplan ist machbar und nicht so schwer wie 2019. Es geht in der Division von Beginn an um Platz zwei, denn die Chiefs sollten von keinem im Westen aufzuhalten sein. Spielt Taylor wie zu seiner Zeit in Buffalo und agiert die Defense im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten, sind neun Siege möglich. Wahrscheinlicher scheinen dagegen etwas zwischen sechs und acht Siegen.