Sportwetten ist Kunst – Wahrscheinlichkeiten

Zusammenhang zwischen Wettquote, Trefferquote und Profit

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Die ganze Welt wettet. Glücksspiel zieht die Menschen seit Jahrhunderten an. Und während so manch einer den Zusammenhang zwischen Football und Sportwetten noch nicht herleiten kann – auch auf Football werden weltweit enorme Summen Geld gewettet. Die Verbindung steht bisher nur noch nicht so sehr im Rampenlicht. Denn die Sportart wird zurzeit noch von Fantasy dominiert. Mit der Legalisierung von Sportwetten in den USA vor über zwei Jahren ergeben sich für NFL-Teams in der Zukunft gigantische Möglichkeiten. Von Kooperationen mit Wettanbietern, über neue Stadionnamen bis hin zu Wettshops im Stadion selbst.

Die Denver Broncos sind die erste Franchise, die bereits mehrere Deals eingetütet hat. Schon bald werden wir während der TV-Übertragung neben den Fantasy-Punkten auch Wettquoten sehen. Da unsere Leser in der Zukunft sicherlich mit Sportwetten in Berührung kommen, werden wir in einer Serie – Sportwetten ist Kunst – die Basics erklären. Da man bei Sportwetten um Mathematik nicht herumkommt, starten wir mit dem Thema Wahrscheinlichkeiten.

Alles dreht sich um Wahrscheinlichkeiten

Buchmacher bieten Wettmärkte an. Jede Wettoption – beispielsweise Sieg, Spread oder Total – ist ein einzelner Markt. Für jedes Ereignis in einem Markt (z.B. Heim- oder Auswärtssieg) gibt es eine implizierte Wahrscheinlichkeit, die als Quote dargestellt wird. Wahrscheinlichkeiten, das lernen wir in der Schule, können Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Auf diese Wahrscheinlichkeiten können wir nun wetten. Wahrscheinlichkeiten wandelt man in eine Wettquote um, indem man 1 durch die Wahrscheinlichkeit teilt. Eine Wahrscheinlichkeit von 75% würde eine Quote von 1.33 bedeuten. Die Gegenwahrscheinlichkeit von 75% wäre 25%, was einer Quote von 4.00 entspricht.

Jetzt kommt die entscheidende Information: Buchmacher verdienen ihr Geld, indem sie in einem Markt eine Gewinnmarge einbauen. Die aufaddierten, implizierten Wahrscheinlichkeiten in einem Markt ergeben niemals 100 Prozent, sondern immer mehr. Dieser Extra-Wert ist die Marge. Bei Spreads und Totals findet man bei vielen Buchmachern eine Quote von 1.909, was einer Wahrscheinlichkeit von ~52.4% entspricht. Aufaddiert ergibt das ~104.8%. Die Marge beträgt in dem Fall 4.8 Prozent. Wenn also auf beiden Seiten dieselbe Summe an Geld gesetzt wird, würde der Buchmacher langfristig 4.8 Prozent gewinnen. In der Praxis ist solch eine 50/50-Verteilung nur schwer möglich und auch nicht immer das Ziel des Buchmachers.

Wie erzielt man mit Sportwetten einen Profit?

Wie können wir mit Sportwetten Geld verdienen? Wir brauchen langfristig eine höhere Trefferquote, als die implizierte Wahrscheinlichkeit unserer Wetten. Angenommen wir wetten auf Märkte mit einer Quote 1.909. Bei Buchmachern mit amerikanischen Quoten würde dort eine “-110” stehen. Ich persönlich kann damit besser arbeiten. Es bedeutet: wir setzen 110 Euro, um 100 zu gewinnen. In dem Fall muss unsere Trefferquote über 52.4% liegen. Bei 100 Wetten würden wir mit 53 Treffern einen Profit erzielen, bei 52 einen Verlust. Rechnung: (53 * 100) – (47 * 110) = 130 Euro Profit. Wenn wir auf eine Quote von 1.75 wetten, müssten wir mehr als 57.1% treffen. Klingt einfach, oder? Das ist es allerdings nicht.

Quoten von Sportwetten sollen in der Theorie einen effizienten Marktpreis widerspiegeln. Das bedeutet, dass diese immer die ausgeglichenen, tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten eines Spiels angeben sollen. Das tun sie aber nicht immer. Der Schlüssel eines profitablen “Wetters” liegt darin, die Wahrscheinlichkeiten einer Wette besser zu definieren als der Markt und somit auf Quoten mit Abweichungen zur “tatsächlichen” Wahrscheinlichkeit zu wetten. Nehmen wir NFL-Spreads und den fiktiven Spread von -4.5 für die Steelers gegen die Browns bei einer Quote von 1.909 auf beiden Seiten. Der Spread soll den Median der langfristigen Score-Verteilung für das Spiel erklären. Wir würden erwarten, dass die Steelers 50% dieser Matchups mit 5 oder mehr Punkten gewinnen. Damit aus Sicht des Wetters eine Wette auf die Steelers sinnvoll ist, müsste er den Spread höher einschätzen. An dieser “besseren” Einschätzung scheitern aber die meisten auf Dauer.

Nur drei Prozent sind profitabel

Wenn irgendjemand zufällig 1000 Wetten mit einer Quote von 1.909 (-110) abschließt, würden wir erwarten, dass er 50% seiner Wetten gewinnt, ergo langfristig die implizierte Wahrscheinlichkeit trifft. Damit verliert man auf Dauer aber Geld, denn man gibt konstant die Marge an den Buchmacher ab. Und weil die meisten eben genau das tun, ist das Buchmacher-Geschäft seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten so profitabel. In der Wettbranche geht man allgemein davon aus, dass 97% aller Wetter auf Dauer verlieren. Wenn man also zufällig 1000 Wetter herauspickt, werden davon grob 30 Wetter langfristig profitabel sein.

Sportwetten ist schwer. Wenn es einfach wäre, gäbe es keine Buchmacher. Das zu verstehen, ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Auch, dass man auf Wahrscheinlichkeiten wettet.

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Fabian Sommer
Sportwetten. Analytics. Podcaster. Die Quote steht über allem.

8 KOMMENTARE

  1. Wirklich ein sehr guter Artikel dem ich auch grundsätzlich gut folgen konnte! Aber ich will mich hier Max anschließen. Vielleicht könnte man noch einen Schritt früher ansetzen: Auf was genau kann man wetten? Wo kann man wetten? Wie erklären sich die verschiedenen Quoten und deren Schreibweisen? (hast es ja bereits kurz erläutert, vielleicht noch mal etwas detaillierter). So könnte man vielleicht vielen den Einstieg erleichtern. Gerade wenn Sie nur die gängigen Fußballwetten bisher kennen.

    Aber vermutlich hast du einiges davon ohnehin schon für die nächsten Artikel geplant 😉

  2. Ein sehr starker Text, Fabian. Mit der entscheidenden Erkenntnis am Schluss: “Man muss verstehen, dass man auf Wahrscheinlichkeiten wettet.” Mir fiel es immer sehr schwer, das anderen zu vermitteln. Jetzt kann ich auf diesen Artikel hinweisen, danke dafür.

    Eine Schlussfolgerung daraus ist: Wenn ich nicht die höchste angebotene Quote zu einem bestimmten Ereignis wetten kann (z.B., weil ich bei dem entsprechenden Buchmacher kein Konto habe), dann lass ich’s.

    Bei vielen deutschsprachigen Wettanbietern wird ja leider die Wettsteuer abgeführt. Dies muss man beim Vergleichen von Quoten unbedingt berücksichtigen. Da wird aus einer 1,909 schnell eine 1,85. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass man mit solchen Quoten überhaupt langfristig (z.B. nach 1000 Wetten) profitabel wetten kann. Wer das schafft, ist für mich ein Wettgenie.

    Aber das sind alles Themen, die Du wahrscheinlich (!) noch in dieser Rubrik erörtern wirst. Ich freue mich drauf.

    • Danke!

      Bei der Schlussfolgerung muss ich etwas widersprechen. Sagen wir du errechnest für eine Seite den fairen Preis von 1.75 (57.1%) und du hast 1.92 (52.1%) zur Verfügung. Und du wettest grundsätzlich bei 5%-Differenz zum Markt. In dem Fall wäre die 1.92 für dich ja trotzdem eine Wette, auch wenn irgendeine andere Seite 1.95 anbietet.

      Zum letzten Teil: Yes, dazu wird noch was kommen!

      Gruß

  3. Ein toller Einstieg in den Bereich Sportwetten. Wenn man sich immer vor Augen hält was Wetten bedeutet und verantwortungsvoll damit umgeht macht es sehr viel Spaß. Freue mich sehr auf diese Artikelreihe.

  4. Toller erster Artikel, ich hoffe auf viele mehr! Mit ein bisschen Wahrscheinlichkeitstheorie an der Uni verstehe ich die Theorie dahinter einigermaßen, aber wieso werden für die eigentlich gleichen Zahlen immer auf drei Arten dargestellt? Und wie wichtig / vorteilhaft ist es, für verschiedene Wetten unterschiedliche Wettanbieter (mit unterschiedlichen Quoten) auszuwählen? Bringt das langfristig überhaupt etwas oder ist das nur für fortgeschrittene? 😉 Und noch eine letzte Frage: Ich habe mit meiner minimalen Erfahrung den Eindruck, dass Wettbüros viele Ereignisse erst einmal “überbewerten” und sehr stark auf zB Verletzungen oder so reagieren. Ist das Absicht?

    • Meinst du die Darstellung der Quoten, wie dezimal, amerikanisch oder britisch? Denke das hat sich irgendwie kulturell ergeben. Ich persönlich bevorzuge die amerikanische Schreibweise.

      Sobald du das Ganze etwas ernster angehen möchtest, solltest du einige Wettanbieter zur Auswahl haben, um immer den bestmöglichen Preis zu bekommen. Ab einer gewissen Summe macht das einen feinen Unterschied. Sagen wir du setzt 1000 Euro und hast die Auswahl zwischen -110 und -105 (~1.909 zu 1.95) – das ist ein Fuffi Differenz. Rechne das hoch auf viele Wetten.

      Mit dem Über- und Unterbewerten liegst du richtig. Und diese Differenzen zu finden, ist der Schlüssel. Stichwort “buy low, sell high.” Das möchte ich demnächst auch noch in weiteren Artikeln aufgreifen – zum Beispiel ‘Wie entstehen Quoten’.

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