Psaier & Sommer: NFL Sunday Watch Week 3

Eine Vorschau auf den dritten NFL-Spieltag 2020 mit den Takes von Fabian Sommer und Thomas Psaier zu ausgewählten Spielen.

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Wir kommen mit gemischten Ergebnissen unsere NFL-Takes im Gepäck aus der letzten Woche. Fabians Takes zur Run Defense der Jets sind sehr schlecht gealtert, auch wenn es irgendwie trotzdem eine Shitshow war. Im Packers-Spiel sind 63 Punkte gefallen und auch Tom Brady hat sich rehabilitiert.

Thomas’ Erwartungen an ein Aufbäumen der Eagles wie auch die vermeintliche Rückkehr der Seahawks zu altem, lauflastigem Gameplan mit eingeschränkter Rolle für QB Russell Wilson haben sich beide nicht bestätigt. Dagegen war das Monday Night Game Raiders vs. Saints das erwartete Kurzpass-Festival galore.

Zwei von drei für den einen. Nur eins von drei für den anderen. Wie wohl unsere Takes von dieser Woche altern werden?

Kein Jackpot in Foxboro

Sommer: Las Vegas Raiders @ New England Patriots (Sonntag, 19 Uhr)

Die Las Vegas Raiders fliegen mit 2-0 im Rücken und MNF-Sieg über die Saints auf Wolke sieben. Doch die Patriots sollten in der Lage sein, sie von dort herunterzuholen. Das Team von HC Jon Gruden hat einen Cross-Country-Trip mit früher Startzeit an der Ostküste vor sich und trifft auf einen starken Gegner. Die Raiders reiten darüber hinaus auf einer unglaublichen Third-Down-Welle. Auf First und Second Down bewegt die Gruden-Offense den Ball bislang etwas nur überdurchschnittlich, sind danach jedoch totale Überflieger.

Auf sage und schreibe 0.70 EPA/play kommen die Raiders auf ihren 31 Third Downs – der Ligadurchschnitt liegt bei 0.13. Zum Vergleich: die Chiefs waren in 2019 mit 0.33 EPA/play auf Third Downs am besten. Die Raiders erwartet in dieser Kategorie eine unglaubliche Regression nach unten. Auch das Passing Grade von Derek Carr – mit 66.7 unter Ligaschnitt – entspricht nicht dem tatsächlichen Output. Die Vegas-Offense hat auch als einzige bisher noch keinen Ball gedroppt.

Jetzt treffen die Raiders auf eine Pats-Defense, die aggressiv Man Coverage spielt und Derek Carr die Hölle heiß machen kann. Dieser muss auf LG Richie Incognito verzichten, Backup John Simpson sah gegen New Orleans sehr übel aus. Auf Right Tackle könnte 3rd-String Sam Young starten. Es riecht alles nach Regression Madness. Im Gegenzug hat die Vegas-Defense nicht viel, um Cam Newton und der Patriots-Offense entgegenzusetzen. Für Las Vegas wird es in Foxboro keinen Jackpot geben, die Pats gewinnen mit mindestens zwei Scores Differenz.

Let Deshaun Watson Cook

Sommer: Houston Texans @ Pittsburgh Steelers (Sonntag, 19 Uhr)

Die Defense der Steelers war eine der Überraschungen der letzten Saison und auch dieses Jahr legte zumindest der Pass Rush wieder los, wie die Feuerwehr. Die Steelers führen die Liga im Pass Rushing Grade von Pro Football Focus, in kreierten Pressures und in Adjusted Sack Rate an. Allerdings schießt einem beim Studieren der PFF-Website das Coverage Grade on 47.9 ins Auge, was ligaweit nur für Rank 25 gut ist. Wie kommt das? Auf dem Tape konnte man das in Ansätzen sehen, denn Daniel Jones hatte eine gute Halbzeit durch die Luft und auch Jeff Driskel konnte am Ende nach Kaltstart ein paar tiefere Bälle verteilen. Um es nochmal zu betonen: Daniel Jones und Jeff Driskel. Die Zahlen sagen uns, dass Pittsburgh zwar einen brutalen Pass Rush hat, aber hinten anfällig zu sein scheint.

Mit Deshaun Watson erwartet die Steelers-Defense ein Quarterback, der sich bislang unter Wert verkauft hat. Die Texans haben gegen die beiden besten Teams der Liga verloren. Brandin Cooks kommt immer näher an 100 Prozent Leistungsstärke heran und auch Will Fuller ist wieder an Bord. Der Pass Rush der Steelers ist für jede Offensive Line ein Problem. Aber wenn Watson den Ball pünktlich aus den Händen bekommt, könnten die Texans gegen diese Secondary doch ordentlich mehr Punkte auflegen, als so manch einer glauben möchte. Bill O’Brien sollte nur nicht auf die Idee kommen, gegen diese Front pauschal den Lauf zu etablieren. Gebt den Ball in Watsons Hände und lasst ihn kochen!

Käseraspeln in Louisiana

Sommer: Green Bay Packers @ New Orleans Saints (Sonntag/Montag, 2.20 Uhr)

Zwei dominante Erfolge stehen bei den Packers aus Wisconsin auf der Habenseite. Beide Male ging es gegen eine Defense, die löchriger war als der Käse auf den Hüten der Packers-Fans. Die Vikings traten mit einer High-School-Secondary an, bei den Lions war es durch die Ausfälle von Desmond Trufant und Justin Coleman nicht viel anders. Dazu kommt, dass die Käsehüte – ähnlich wie die Raiders – auf einer brutalen Third-Down-Effizienz von 0.54 EPA/play reiten. Um fair zu sein, die Packers waren auch auf den ersten beiden Downs die mit Abstand beste Offense.

Mit den Saints treffen Aaron Rodgers und Co. jetzt auf einen stärkeren Pass Rush, eine aggressive Run Defense, und eine bessere Secondary. Dazu könnten sie etwas weniger Glück auf Third Downs haben. Der größte Schock könnte aber die Abwesenheit von Superstar Davante Adams sein. Wenn er fehlt, hat Aaron Rodgers ein Problem. Denn Adams kann kaum ein Cornerback covern, auch wenn Marshon Lattimore ihm das Leben etwas schwerer gestalten würde. Den Packers fehlt es dahinter bekannter Weise an Tiefe.

Drew Brees sah bisher wahrlich nicht gut aus. Aber Tapegrinder Matt Waldman hat dafür schon Erklärungen geliefert. Wenn es ein Feel-Good-Spiel gibt, dann das gegen die Packers-Defense. Das Sample Size ist noch sehr klein, aber die Packers können immer noch nicht den Lauf verteidigen und sahen gegen zahme Vikinger und Löwen auch gegen den Pass nicht unbedingt aus wie die 1985er Bears. Alvin Kamara sollte einen starken Tag erwischen, ob auf dem Boden oder durch die Luft. Natürlich tut der Ausfall von Michael Thomas weh – aber im Gegensatz zu den Packers haben die Saints mit Emmanuel Sanders und Jared Cook mehrere qualitative Anspielstationen. Die Käsehüte könnten in New Orleans durchaus unter die Räder, äh, Raspel kommen.

Erdung für Josh Allen

Psaier: Buffalo Bills – Los Angeles Rams (Sonntag 19 Uhr)

Bills-QB Josh Allen war eine der großen Geschichten der ersten beiden NFL-Spieltage: Gegen die Jets und die Dolphins fabrizierte er 70.4% Completion Rate für 727 Passing-Yards, 6 Touchdowns und noch keine einzige Interception. Die Bills-Offense scorte 27 Punkte gegen die Jets und 31 Punkte gegen die Dolphins. Doch gegen die Rams droht Allen erstmal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden.  

Keine Frage: Allens Performance in dieser frühen Saisonphase war viel besser als erwartet. Gerade im tiefen Passspiel war Allen bis jetzt wesentlich präziser und mit schönem „Touch“ erfolgreicher als in seinen ersten beiden Profijahren. Doch die ganze Vorstellung war nicht so gut wie die nackten Zahlen erwarten ließen.

Allen ist bis jetzt „nur“ die #10 nach PFF Passing Grade. Wie Josh Hermsmeyer bei Five Thirty Eight schön herausarbeitet, war Allen in den meisten stabilen Metriken (Performance aus sauberer Pocket, Performance bei reinen Dropback-Pässen) wesentlich weiter entfernt von der Liga-Elite als in den eher instabilen Kategorien (Spiel unter Druck, Play-Action Pässe). Gerade Allens überirdischer 3rd-Down Effizienz (0.71 EPA/Pass, #2 der NFL) droht schnelle Regression.

Klarer formuliert: Allen durfte bis jetzt atemberaubende Play-Action-Quoten (über 50%) gegen zwei der mutmaßlich schwächsten Defenses in der NFL spielen.

Die Rams-Defense ist ein anderes Kaliber. In CB Jalen Ramsey bieten sie nicht bloß eine Art „Intimfeind“ Allens auf, sondern auch einen Manndecker, der einen Stefon Diggs durchaus über weite Strecken neutralisieren kann. Die Cornerback-Tiefe der Rams ist ebenso besser um gegen den wirklich guten Receiving-Corps der Bills nicht so extrem blank zu stehen wie Jets und Fins. Ein Dutzend Receiver allein auf weiter Flur wird es am Sonntag nicht geben.

So hübsch Allens Saisonauftakt war: Gegen L.A. droht eine erste Erdung. Es bedarf eines mittleren Wunders und einer perfekten Vorstellung, dass Allen noch einmal ähnliche Zahlen auflegen kann wie in NFL-Woche 1 und 2.

35 on 35

Psaier: Seattle Seahawks – Dallas Cowboys (Sonntag 22.25 Uhr)

Seattle Seahawks gegen Dallas Cowboys verspricht einer der krassesten Offensiv-Shootouts der bisherigen Saison zu werden. Es passiert sogar in unserer offensiv-geprägten Zeit nicht oft, dass in einem NFL-Spiel beide Mannschaften mehr als 35 Punkte servieren. Genau genommen waren es in den letzten fünf Spielzeiten seit September 2015 deren 32 Spiele. Oder 2.3% der Spiele.

Seattle vs. Dallas fühlt sich wie ein Matchup für diese 2.3% der Spiele an.

Die Hawks sind dabei der offensichtliche Kandidat. Russell Wilson feuerte in den ersten Wochen aus allen Rohren – nicht nur gegen Atlantas suspekte Defense, sondern auch gegen New Englands sehr gute. Gegen eine Dallas-Secondary, die nach dem Ausfall von CB Awuzie komplett ausgedünnt sein wird, ist nur dann eine harzige Partie zu erwarten, wenn Offensive Coordinator Brian Schottenheimer seinen eingeschlagenen Weg verlässt und sowohl Early-Down-Passing aus auch das sehr nette Screen-Game wieder komplett aus dem Playbook streicht.

Der etwas überraschende Kandidat ist Dallas. Die bisherigen Vorstellungen der Cowboys mögen eher kritisch beäugt worden sein, weil Mike McCarthy noch nicht alle Träume von einer modernisierten NFL-Offense umgesetzt hat. Und doch hat Dallas letzten Sonntag gegen Atlanta 40 Punkte aufgelegt, obwohl die Offense drei Bälle wegfumbelte und zweimal mit Punt-Fakes scheiterte – das Äquivalent von gleich fünf Turnovers!

Dallas ist „three deep“ auf Wide Receiver und trifft auf eine waidwunde Seahawks-Defense, die vorne so wenig individuelle Klasse im Pass-Rush hat, dass sie ihren neu eingekauften Safety Jamal Adams quasi als zusätzlichen Blitzer abstellen muss. Was wiederum die Deckung entblößt. Gerade im Slot hat Seattle niemanden von NFL-Format, um richtig zu decken – gegen eine Cowboys-Offense mit einer hoch gehandelten Big-Play-Maschine CeeDee Lamb als drittbester Waffe klingt das nicht gut.

Seattles Defense-Trainerstab tat in den ersten beiden Wochen alles, um die Probleme zu kaschieren, und ging dabei sogar völlig von alten, eher starren Cover-3-Tendenzen weg. Doch das wird gegen die mächtige Dallas-Offense nicht reichen.

Das Over/Under in den Wettbüros ist mit 57 Punkten etwas niedriger als meine Erwartung von mindestens 30 Punkten für beide Mannschaften. Und ich sehe warum. Aber ich male mir sogar den Fall aus, dass beide über 35 scoren.

Kyler für 100

Psaier: Arizona Cardinals – Detroit Lions (Sonntag 22.25 Uhr)

Die Arizona Cardinals sind nach zwei Wochen NFL 2-0, auch wenn nicht alles an ihrer bisherigen Offense-Variante so prächtig funktioniert, wie erträumt. So viel über das Design der Kingsbury-Offense gesprochen wird, so war es bis jetzt doch am gefährlichsten, wenn die beiden zentralen Individualisten am Werk waren: WR Nuk Hopkins als Pass-Catcher und Kyler Murray als Scrambler.

Gerade letzteres Element könnte gegen die Lions-Defense ganz stark zum Zug kommen. Detroit hat suspekte Cornerbacks, die man über Pass-Weg attackieren kann. Doch noch auffälliger an der Lions-Defense ist ihr extremer Manndecker-Fokus: 61% der Snaps wurden in den bisherigen beiden Spielen in Cover-0 oder Cover-1 gespielt.

Manndeckung bedeutet, dass die Cornerbacks im 1-vs-1 für ihren direkten Gegenspieler zuständig sind, und damit anders als in Zone-Defense häufig ihre Augen nicht auf den Quarterback, sondern auf den Receiver richten. Für Murray dürfte das mehr als einmal das Signal sein, um loszulaufen.

Nur eine recht radikale Anpassung der Defensiv-Strategie seitens Matt Patricia, oder ein fix abgestellter „Spy“ à la Jarrad Davis könnten mich von erwarteten mindestens 100 Rushing-Yards für Murray abbringen. Doch Patricia war zu selten adaptiv. Und ein abgestellter „Aufpasser“ für Murray entblößt nur weiter die eh schon wackelige Deckung. Patricia dürfte eher Nadelstiche in Form von Rushing-First-Downs für Murray in Kauf nehmen, als ständige tiefe Completions zu riskieren.

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Fabian Sommer
Sportwetten. Analytics. Podcaster. Die Quote steht über allem.
Thomas Psaier
Football-Blogger seit 2010. Allesfresser in NFL und College Football.

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