Jeder kennt die Draft-Situation: Die wichtigsten Positionen sind besetzt, selbst die ersten Alternativen befinden sich im Team und dann beginnt die Phase, in der man mal ein wenig tiefer blickt, ein wenig riskieren möchte: Die Sleeper-Suche. Hole ich mir einen 2. QB ins Team? Welcher QB wird in den Fantasy-Rankings unter Wert verkauft? Welcher RB lauert nur auf die Chance den eigentlichen Starter zu verdrängen und könnte zum Steal des Draft werden?… In diesem Artikel möchten wir euch ein paar Sleeper auf QB, WR, RB und TE präsentieren. Spieler mit hoher ADP (durchschnittlicher Draft-Position), die teilweise auch in zweistelligen Runden noch auf dem Markt sein sollten. Oder, falls bei euch schon gedraftet wurde, vielleicht übersehen wurden und auf dem Waiver Wire schlummern.
Die ADP-Platzierungen entsprechen denen von fantasypros.com, basierend auf einer Half PPR Redraft. (Stand: 1.9.2020)
Quarterback Sleeper:
Florian Schmitt: Ben Roethlisberger (ADP 115 / QB15). Wenn man sich einmal anschaut, was er in den Jahren vor seiner Verletzung für Zahlen auflegte ist der Status als QB15 vollkommen unverständlich. Zwar fehlt ihm der Rushing Upside, aber die Steelers sind sehr passfreudig und lassen Ben gerne und viel tief gehen. Der Haken an Ben ist natürlich seine Verletzung, aber die Chancen, dass er seine ADP outscored sind enorm.
Jessica Fehlhaber: Philip Rivers (ADP 150 / QB24). Ich war nie der größte Rivers-Fan und als einzigen QB würde ich ihn wohl nicht nehmen. Aber als Backup mit der Chance auf Upside? Warum nicht, die bietet er. Die Colts Line ist ein massives Upgrade zu dem, womit Rivers bei den Chargers zurecht kommen musste. Außerdem steht Rivers als Passempfänger eine gute Mischung aus Erfahrung und Talent zur Verfügung. Dazu schätze ich Frank Reich sehr und traue ihm zu die Offense auf Rivers’ Stärken und Schwächen zu konzipieren.
Raphael Gruhn: Cam Newton (ADP 160 / QB17). Die New England Patriots spielen ihr Auftaktspiel zu Hause gegen die Dolphins. Dieses Spiel wird der erste Indikator dafür sein, wie fit Cam Newton ist. Und wenn er fit ist, will ich ihn bereits im Team haben, denn dann ist Sky the limit. Immer wenn er 16 Spiele gemacht hat, war er mindesten QB4 Overall. Cam hatte fünf Top 4 finishes in acht Jahren. Aber: Diese Leistungen konnte er nur abrufen, wenn er mindestens 585 Rushing Yards und mindestens sechs Rushing Touchdowns hatte.
Martin von Rötel: Drew Lock (ADP 162 / QB25). Der Hype aus dem April / Mai um Lock in Dynasty-Ligen ist abgeflacht, doch könnte die Denver Broncos Offense tatsächlich weitaus besser sein, als wir momentan annehmen. Lock wird vielleicht nicht der große Star werden, doch könnte er mit Sutton, Jeudy, Fant, Gordon, Lindsay und Hamler eine durchaus potente Receiver-Gruppe haben. Eine starke Defense unterstützt dabei, dass die Offense genügend Möglichkeiten zum Scoren bekommt. Lock könnte seine ADP locker schlagen.
Wide Receiver Sleeper:
Raphael Gruhn: Henry Ruggs III (ADP 130 / WR 50). Er hat für mich die größte Opportunity, gepaart mit seinem unfassbaren Talent, unter allen Rookie WR. In erster Linie wird Ruggs mit seinem Weltklasse-Speed in Verbindung gebracht, vor allem sein Straight-Line-Speed hat bei mir Eindruck hinterlassen. Die Big Play Fähigkeit aus dem College spricht Bände: 24 TDs bei 98 Catches für Alabama. Nur hat er bei den Raiders nicht annähernd die Konkurrenz, wie am College mit Jerry Jeudy, Devonta Smith und Jaylen Waddle.
Jessica Fehlhaber: Mecole Hardman (ADP 142 / WR51). Die Chiefs haben eine herausragende Offensive, aber hinter Tyreek Hill und Travis Kelce wird auch Hardman einige Punkte ansammeln können. Bereits letztes Jahr machte er als Rookie im Schatten mit sechs TDs und über 500 Yards auf sich aufmerksam und die Rolle als Kick- & Punt-Returner schadet sicher auch nicht.
Florian Schmitt: Preston Williams (ADP 152 / WR 47). DeVante Parker hatte letztes Jahr endlich sein Breakout, aber wisst ihr, wer ihm bis zu seiner Verletzung die Show stahl? UDFA Preston Williams! Erst als Williams ausfiel, kam Parker so richtig ins Rollen. Sein Kreuzbandriss scheint ausgeheilt und genauso wie die Jets werden auch die Dolphins noch oft hinten liegen und den Ball entsprechend oft werfen.
Martin von Rötel: Hunter Renfrow (ADP 177 / WR67). Renfrow war zum Ende der Saison schon sehr gut, sowohl für die Raiders als auch für Fantasy Football Owner. Die Raiders Offense spielt viel mit schnellen Bällen über die Mitte, Carr und Renfrow haben eine Connection aufgebaut. Neben Ruggs, Edwards und Waller wird Renfrow beinahe vergessen und kann locker in der letzten Runde des Drafts geholt werden.
Christian Lohr: Parris Campbell (ADP 213 / WR73). Campbell war letzte Saison meist verletzt und wenn er auf dem Feld stand ebenfalls angeschlagen. Er wurde 2019 nicht umsonst weit vor seinem Teamkollegen Terry McLaurin gedraftet. Letztes Jahr musste er (sofern er gespielt hat) zudem 102 Snaps als Wideout tätigen, was absolut nicht seine Stärke ist. Für diese Rolle haben die Colts nun Pittmann verpflichtet, sodass Campbell seine Rolle im Slot zu 100% ausfüllen kann und wird. Dort war er 2018 der beste Receiver nach Yards per Route Run mit einem Wert von 3.44. Phillip Rivers ist der siebtbeste QB in WR Targets zum Slot. Das sollte genügen um mindestens ein solider WR3/4 für die FLEX-Position zu werden.
Christian Lohr: Steven Sims (ADP 314, WR73). Sims ging letztes Jahr im Schatten von McLaurin komplett unter. Zum Ende der Saison hin war er für Fantasy GM sogar die bessere Wahl als sein Kollege McLaurin. 259 seiner 310 Yards kamen in den letzten 5 Spielen, wo er ebenfalls als krasse Redzone Threat auf sich aufmerksam machte. Er fing sechs der zehn Redzone Targets und hatte ein DVOA (Defensive-adjusted Value Over Average) von 18% (ebenfalls besser als McLaurin). Vor allem interessant ist Sims für diejenigen, die mit PPD (Points per First Down) spielen. Haskins hat vor allem Sims auf den 3rd und 4th Down Conversions vertraut. Dort sah Sims 50% seiner Targets. Als Wide Receiver #73 im Draft könnte Sims ein klarer Steal werden.
Running Back Sleeper:
Jessica Fehlhaber: K’Shawn Vaughn (ADP 101, RB52). Er ist Rookie und muss sich hinten anstellen, aber die Bedingungen sehen gut aus. Die Buccaneers-Line ist gut besetzt und die Konkurrenz braucht er nicht zu fürchten. Ronald Jones sah in der letzten Saison wenig überzeugend aus und in wie weit Shady McCoy noch was im Tank hat, darüber kann man auch diskutieren. Sofern Tampa keinen weiteren RB holt, würde mich die Übernahme des Starting Jobs nicht wundern.
Christian Lohr: Tarik Cohen (ADP 108, RB35). Das letzte Jahr war für Cohen, wie für die gesamte Bears Offense ein negativer Ausreißer. 2017 und 2018 war Cohen nur hinter CMC und Kamara was den PFF Receiving Grade angeht. Dazu war er letztes Jahr viel im Double Team, weil es sonst keine Receiving Option neben Allen Robinson gab (Cohen hatte einen Target Share von 18%). Seine 41 failed Receptions aus dem Vorjahr wird er unter Nick Foles (auch wenn er der all time failed completions Leader ist) verbessern und seine ADP weit ausstechen.
Raphael Gruhn: Zack Moss (ADP 127 / RB36). Der Rookie-RB von den Buffalo Bills findet ein Backfield vor, in dem elf offene Goal Line Carries (3rd in NFL) und 169 offene Rushing Carries frei geworden sind (7th in NFL). Übereinstimmenden Medienberichten zufolge, soll Zach Moss die Frank Gore Rolle einnehmen. 2019 waren dies 18 Carries Inside der 10 Yard Line (54,5 % der Team Rush Carries), sowie elf Carries Inside der 5 Yard Line (61,1 % der Team Rush Carries). Damit besitzt Zach Moss nicht nur genügend Opportunity um Standalone Value zu haben, sondern hat auch das Skill Set der Lead Back zu werden.
Christian Lohr: Antonio Gibson (ADP 167, RB42). Seine ADP entspricht nicht dem Standard, den ich in Drafts sehe. Dort geht er (wahrscheinlich aufgrund der Upside Community) in den Runden neun und zehn von Board. Gibson ist trotz seiner geringen Sample Size aus dem Vorjahr ein absoluter Game Changer als RB/WR-Hybrid. Offensive Coordinator Turner liebt solche Spieler. Dieser hatte nicht nur CMC, sondern eben auch Curtis Samuel einige Rushing Attempts gegeben. Gibson hatte letztes Jahr die beste Forced Miss Tackles Rate unter allen RB im College und zudem die drittbeste Rate unter allen WR/RB.
Martin von Rötel: Justin Jackson (ADP 192 / RB57). Sollten die Chargers keinen Veteran mehr holen, werden Carries für Jackson übrig bleiben und es kann leicht sein, dass seine Rolle größer ausfallen wird, als wir momentan glauben. Laut Camp-Berichten ist er klar vor Kelley die Nummer 2 und Ekeler wird nicht alle Carries bekommen. Letztjahres Sleeper durch Melvin Gordons Holdout, diesjahres Sleeper durch Melvin Gordons Abgang.
Florian Schmitt: Joshua Kelley (ADP 247 / RB59). Melvin Gordon verlässt die Chargers und mit ihm seine 162 Carries und 42 Catches. Austin Ekeler, Justin Jackson und Joshua Kelley streiten sich darum. Ekeler wird vermutlich der Lead-Back, aber ich rechne mir für Kelley gute Chancen auf den BackUp/Change-of-Pace-Spot aus und auch an der Goal Line könnte er die erste Wahl werden.
Tight End Sleeper:
Raphael Gruhn: Hayden Hurst (ADP 112, TE9). Nachdem Austin Hooper per Free Agency zu den Browns gegangen ist, haben die Falcolns Hayden Hurst von den Baltimore Ravens geholt. Austin Hooper war bis zu seiner Verletzung von Woche 1-8: Platz eins in REC, Platz eins in TD, Platz eins in FP. Die Atlanta Falcolns führen die Liga in offenen TAR mit 258 an.Dazu kommen 1285 offende Air Yards Platz acht. Fantasy Football ist ein Spiel der Opportunity und die groß für Hayden Hurst.
Jessica Fehlhaber: Mike Gesicki (ADP 122, TE13). Sein Saisonstart 2019 war wenig nennenswert, aber gegen Ende wurde er zu einem Punktelieferanten, auch wenn sich seine Catchrate verbessern muss. Fünf Touchdowns in den letzten sechs Spielen und eine sich weiter verbesserte Dolphins-Offense lassen aber aufhorchen. Dazu fehlen hinter den Receivern Parker & Williams nennenswerte Alternativen.
Martin von Rötel: Jimmy Graham (ADP 174, TE31). Glaubt man dem Camp-Buzz, ist Jimmy Graham der hellste Stern, der bei den Bears scheint. Seine Trainings-Einstellung und sein Auftreten wirken klar verbessert im Gegensatz zu seiner Zeit bei den Packers. Außerdem wirkt Graham fitter, impulsiver. Mit einer festen Rolle als Receiving TE der Bears könnte Graham auch für Fantasy Football wieder interessant werden und wird für mich mehr und mehr der Sleeper-Pick auf der TE-Position, wenn man nicht auf die jungen Spieler schaut.
Florian Schmitt: Chris Herndon (ADP 201, TE19): Herndon geht aktuell als TE 12 bis 16 vom Board. Das ist viel zu spät. Die Jets haben ein katastrophal schlechtes Receiving Corps, von denen sich aktuell auch noch viele mit Verletzungen rumschlagen. Herndon könnte neben Crowder die Anspielstation Nummer zwei werden und die Jets werden viel hinten liegen und zum Passen gezwungen sein.