Psaier & Sommer: Sunday Watch NFL Week 10

Eine Vorschau auf den zehnten NFL-Spieltag 2020 mit den Takes von Fabian Sommer und Thomas Psaier zu ausgewählten Spielen.

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Lesezeit: 7 Minuten

Die Tendenz stimmte wieder. In Woche 9 prognostizierte Fabian einen Shootout in Inglewood (57 Punkte) und lag mit dem knappen Spiel und möglichem Dolphins-Upset in Arizona richtig. Dafür haute er mit den Seahawks komplett daneben.

Thomas behielt Recht bei Colts-Ravens, war beim Upset-Tipp der Bears keine Lichtjahre entfernt und lag beim Saints-Sieg richtig. Aber New Orleans gewann mit viel mehr als dem einen Score, der prognostiziert wurde.

Brady Redemption

Psaier: Carolina Panthers – Tampa Bay Buccaneers (Sonntag 19:00 Uhr)

Panthers und Buccaneers haben nach ihren jeweiligen Niederlagen einen spiegelverkehrten Record (Carolina 3-6, Tampa Bay 6-3), und doch fühlte sich die gute spielerische Vorstellung der Panthers bei den Chiefs im Vergleich zum Debakel der Bucs gegen New Orleans wie eine Art „moralischer Sieg“ an.

Aber heute droht eine Art Wiedergutmachung für Tampa. Nicht nur ist QB Tom Brady in seinen 20 Jahren NFL berühmt dafür geworden, nicht besonders gnädig auf Niederlagen dieser Art zu antworten. Vielmehr hat Tampa Bay alle Mittel, um die Panthers rigoros zu attackieren.

Zum einen spielt das Receiver-Trio Mike Evans, Chris Godwin und Antonio Brown im Vollbesitz seiner Kräfte. Gerade von Godwin und Brown sind gegen die softe Zone-Defense der Panthers viele Catches und Yards zu erwarten.

Zum anderen tendieren die Bucs mit ihrem OffCoord Byron Leftwich zwar ständig zu übertriebenem Early-Down-Running, aber diesmal läuft man in eine der schwächsten Rushing-Defenses der NFL hinein (#19 nach EPA/Play, #31 nach PFF-Grading).

Zum dritten kann Tampa sowohl im Pass-Rush Druck auf die unerfahrene linke Seite der Offense Line ausüben, als auch mit dem Cornerback-Duo Jamel Dean / Carlton Davis die Top-Receiver der Panthers immerhin einigermaßen kontrollieren.

Carolina hat natürlich seine Chancen. Gerade wenn die Interior-Offense-Line der Bucs erneut einen Joe Haeg in die Startaufstellung stellen muss, drohen schnelle Pressures und Hits gegen Brady – und der QB-Oldie reagiert zunehmend allergisch darauf. Und dann muss man noch beachten, dass die Panthers-Offense konzeptionell sehr ähnlich zu jener Saints-Offense aufgestellt ist, die letzte Woche Tampas Defense schredderte. Die Blaupause mit der Attacke der Bucs-Linebacker ist auch da.

Aber ich denke, das wird ein recht lockerer Bucs-Revenge-Sieg.

Eagles rupfen Giants

Psaier: New York Giants – Philadelphia Eagles (Sonntag 19:00 Uhr)

Es ist mittlerweile bittere Komik, dass die 2-7 Giants gegen die 3-4-1 Eagles ihre Playoff-Träume am Leben halten können. Aber ich glaube, daraus wird nix, denn ich erwarte einen ziemlich lockeren Eagles-Sieg.

Das ist im Jahr 2020 eine fast schon riskante Aussage, so mühevoll sich die Eagles-Offense quasi seit Saisonbeginn durch die Saison schleift, aber heute kommen zwei Dinge zusammen, die mich sehr optimistisch stimmen:

  1. Die Giants-Defense ist horrend in Coverage und hat nur einen einzigen vernünftigen Cornerback in James Bradberry.
  2. Die Eagles gesunden schön langsam: TE Ertz und WR DeSean Jackson sind zwar noch auf IR, dafür aber kann man mittlerweile wieder auf WR Jalen Reagor, RB Miles Sanders und vielleicht sogar WR Alshon Jeffery und RT Lane Johnson setzen. Auch LT Jason Peters hat schon vor zwei Wochen wieder gespielt.

Die Eagles kommen aus der Bye-Week und sollten ihre Wunden langsam geleckt haben. Die größten Zweifel lassen sich jetzt noch an QB Carson Wentz festmachen. Der wirft diese Saison fast drei (!) Interception-würdige Pässe pro Spiel. Das darf sich natürlich gegen die Giantd nicht fortsetzen.

Die Zeichen stehen gut, dass sich Wentz ab sofort verbessert präsentiert. Die Eagles haben die #4 Offensive Line nach Pass-Block-Win-Rate. Die Giants sind die #32 nach Pass-Rush-Win-Rate. Wentz sollte also etwas Zeit bekommen; eine Fortsetzung der Sack-Quote von 9 Prozent ist eher unrealistisch, auch weil die Receiver schneller frei sein sollten.

Ich glaube, dass die Eagles nicht wie im Oktober bis zur letzten Minute zittern müssen um die Giants knapp 22-21 zu schlagen. Es wird eine deutliche Angelegenheit, vielleicht mit mehr als einem Score.

Belichick Redemption – aber ohne Sieg

Psaier: New England Patriots – Baltimore Ravens (Sonntag/Montag 02:20 Uhr)

Es ist nun knapp über ein Jahr her, dass Lamar Jackson und seine Ravens-Offense mit dem 37-20-Kantersieg über die Patriots ihre Ansprüche auf die AFC-Vormachtstellung angemeldet haben.

Seither ist viel passiert: New England ist nach dem leblosen Playoff-Aus und Tom Bradys Abgang zu einer Art „dritten Kraft“ in der AFC East verkommen und krebst mit Record von 3-5 irgendwo zwischen „Tank for Trevor“ und leisen Resthoffnungen, doch noch die Kurve zu kratzen, herum. In Baltimore strahlt nur noch die Defense Dominanz aus. Offensiv riskiert man, als enttarnt bloßgesellt zu werden.

Lamar Jackson war diese Woche bei Rich Eisen zu Gast und grantelte, dass Defenses die Plays vorhersagten. Experten rätseln, ob Baltimores Offense-Krise eher nur der bodenlosen Performance aus Empty-Formation oder doch eher größeren strukturellen Problemen und Mangel an Talent zuzuschreiben ist.

Punkt ist: Für „Momente“ ist die Offense immer noch zu haben. Aber der „Flow“ der letzten Saison ist weg. Tendenziell wäre die kriselnde Patriots-Defense mit ihrer dezimierten Front-Seven ein schlagbarer Aufbaugegner, aber dann wiederum ist gerade Bill Belichick ein Meister darin, solche offenbar vorhersehbaren Offenses im Kern zu attackieren und kaltzustellen.

Ich glaube nicht, dass die Patriots genug Punkte machen können, um Baltimores Defense Probleme zu machen: Die Run-Defense der Ravens ist die #1 nach EPA/Run und Top-10 in PFF Grading. Die Pass-Defense würgte letzte Woche mit den Colts eine Passing-Offense ab, die ähnliche Probleme in Sachen „Separation“ hat – ohne CB Marlon Humphrey, der heute zurückkehrt.

Aber ich erwarte, dass die Pats den Spread covern und das Spiel innerhalb eines Scores halten können.

Das zweiköpfige Monster schlägt zu

Sommer: Houston Texans @ Cleveland Browns (Sonntag, 19 Uhr)

Deshaun Watson spielt eine überragende Saison, trotzdem steht ein insgesamt sehr schwaches Texans Team nur 2-6. An diesem Sonntag wird es ungemein schwer, ein Passing Game aufzuziehen. Denn ein leichter Orkan fegt über Cleveland, mit prognostizierten 30-35 mph Wind und bis zu 55 mph Böen. Ein Passing Game wird nahezu unmöglich, beide Offenses werden sich auf das Run Game beschränken müssen.

Dort liegt der Vorteil ganz klar bei den Brownies. Diese können in dieser Woche nämlich wieder auf die Dienste von RB Nick Chubb, RG Wyatt Teller und TE Austin Hooper zurückgreifen. Chubb ist ein All-Pro running back, Teller war bis zu deiner Wadenverletzung der mit Abstand beste Offensive Lineman Clevelands. Mit Hooper kommt ein TE zurück, der ganz passabel blocken kann.

Gegenüber steht der Browns-Offense eine der schlechtesten Run Defenses der Liga: #28 nach DVOA, #31 in adjusted line yards und #32 in open field yards. Personell wird es im Linebacking Corps darüber hinaus dünn. Nick Chubb und Kareem Hunt sollten ein Monsterspiel haben, 250 oder mehr Rushing Yards sollten uns nicht wundern.

Auf der anderen Seite haben die Texans seit der Entlassung von Ex-HC Bill O’Brien das mit Abstand schlechteste Run Game. In einem Spiel, indem akkurate Würfe nahezu unmöglich sind, hat Houston das hochgradig schlechtere Matchup auf dem Boden. Viele Punkte sind nicht zu erwarten, dafür aber ein recht ordentlicher Sieg der Brownies mit mindestens einem Touchdown. Ein Ergebnis wie 17-7 klingt den Umständen angemessen.

Upset Alert in Steel City

Sommer: Cincinnati Bengals @ Pittsburgh Steelers (Sonntag, 22.25 Uhr)

Ich mache es mir hier am Freitagmorgen ziemlich leicht, denn ich habe einen potenziellen Ausfall von Ben Roethlisberger in petto. Dieser hat sich gegen Dallas eine Meniskusverletzung zugezogen und steht bis mindestens Sonntagmorgen auf der COVID-Liste. Ich gehe Stand jetzt aber davon aus, dass er spielt und die Schmerzen schluckt.

Die Steelers stehen 8-0, doch die Effizienzmetriken sprechen nicht die Sprache eines ungeschlagenen Teams. Die Offense ist nach DVOA und EPA/play Ligadurchschnitt. Die Defense steht in den Top-3, profitierte bislang aber von einem eher leichteren Schedule. Die Unit ist stark auf die Defensive Line angewiesen, denn in der Secondary gibt es einige Löcher. Diese könnte ein Joe Burrow durchaus offenlegen.

Die Bengals kommen aus ihrer Bye-Week und bekommen einige verletzte Spieler zurück, wie etwa LT Jonah Williams und C Trey Hopkins. Joe Burrow hat bislang gegen Druck und kollabierende Pockets unter Beweis gestellt, wie gut er sich mit seinem Körper herauswinden und Zeit erkaufen kann. AJ Green, Tyler Boyd und Tee Higgins haben genug Qualität, um bei etwas Zeit die Secondary der Steelers zu schlagen. Seit Woche sechs haben die Bengals die drittbeste Offense nach EPA/Dropback. Ich rechne fest damit, dass die Bengals hier Punkte aufs Board zaubern.

Die bislang eher durchschnittliche Steelers Offense spielt entweder mit Mason Rudolph oder einem Big Ben, dessen Knie nicht bei 100 Prozent sind. Es könnte diesmal nicht reichen, die erste Niederlage droht. Es wird zumindest ein sehr knappes Spiel innerhalb eines Touchdowns.

Dritter Sieg für die Chargers

Sommer: Los Angeles Chargers @ Miami Dolphins (Sonntag, 19 Uhr)

Würde man ein paar offensive Effizienzmetriken beider Teams vergleichen, glaubt man seinen Augen nicht. Die Chargers stehen auf Rank 11 in DVOA, die Dolphins auf 18. EPA/play? Chargers auf 20, Dolphins auf 19. Defensiv sieht es ähnlich aus. Die Bolts stehen auf Rank 16 in DVOA, die Dolphins auf 14. In puncto EPA/play steht Los Angeles auf 11, Miami auf 7. Insgesamt kein großer Unterschied, oder? Der einzige Unterschied liegt im Record. Die Chargers stehen 2-6, die Dolphins 5-3. Das Problem ist, dass die Chargers Woche für Woche neue Wege finden, ein Spiel spät zu verlieren. Das und besseres Coaching auf Seiten Miamis unterscheidet diese beiden Teams bislang.

Beide Teams sind gleich auf. Niemanden sollte es wundern, wenn die Chargers hier mindestens ebenbürtig sind oder gar gewinnen. Bei den Bolts muss DE Joey Bosa ein weiteres Spiel aussetzen, doch auch Miami ist arg gebeutelt. WR2 Preston Williams wurde auf die IR-Liste gesetzt. Auf defensiver Seite fallen die beiden Starter DT Christian Wilkins und LB Kyle Van Noy aus. Justin Herbert, der bislang berechtigte Chancen auf den Offensive Rookie of the Year (OROY) Award hat, sollte eigentlich leichtes Spiel haben. Es wird interessant, zu sehen, ob Dolphins HC Brian Flores einige Pressure-Pakete auspackt, die er auch Jared Goff zwei Wochen zuvor vor die Füße geworfen hat. Dann könnte Herbert ein ums andere Mal ins Straucheln kommen.

Doch eigentlich könnten die Chargers in diesem Matchup gut und gerne den dritten Sieg einfahren. Ich würde eher darauf setzen, als auf einen Erfolg der Dolphins. Aber wahrscheinlich werden die Bolts mit Ablaufen der Uhr ein Field Goal aus 30 Yards daneben setzen. Irgendwie so.

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Thomas Psaier
Football-Blogger seit 2010. Allesfresser in NFL und College Football.
Fabian Sommer
Sportwetten. Analytics. Podcaster. Die Quote steht über allem.

3 KOMMENTARE

  1. Zwei Gedanken drängen sich auf:
    1. Wenn Byron Leftwich so gern RUN ansagt und auf eine miserable Run-D trifft, die jedoch gegen Passing viel Druck durch die Mitte plus LB-Blitzes bringen kann: Warum würde Leftwich auch nur einen Passspielzug callen?
    2. Ich habe diese Saison ein paar Mal die Steelers-D sehen müssen und glaube, da kann sich Burrow winden, wie er will. Die Steelers-D wird ihn früh zermalmen, wenn er den Ball nicht flott genug loswird.
    Zugegeben: ich habe seit Chad Ochocincos Riverdance kein Bengalsspiel mehr geschaut, aber Rookie-QB gegen Blitzburgh klingt für mich nicht direkt nach Upset. Zu gönnen wäre es Burrow natürlich auf jeden Fall.

    • Zu 1) Ich bin nicht ganz sicher ob ich die Frage richtig verstehe. Natürlich müsste er Passspiel callen, und sei es nur um ein “Zustopfen” der Defensive Front zu verhindern!

      Viel Druck allein ist ja noch kein Problem, wenn der QB den Ball schnell rausbringt. Die guten Offenses haben ja spezielle Hot-Reads um solche Situationen zu umgehen.

      Selbst das beste Laufspiel ist nur so gut wie ein unterdurchschnittliches Passspiel. Eine reine Rushing-Offense müsste schon Effizienz jenseits allem in der NFL Bekanntem liefern – und dabei u.a. alle Holding-Strafen und Fumbles vermeiden.

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