Der letzte NFL Sunday Watch hatte zwei kapitale Fehl-Tipps und einiges von nahe dran. Eagles und Bengals hatten jeweils entgegen unserer Prognosen keine Chance gegen Giants und Steelers. Dafür gab es tatsächlich den klaren Bucs-Sieg gegen Carolina, und hätte Nick Chubb nicht an der 1-Yards-Line den Anti-Gurley gegeben, Fabians Prognose zu Browns-Texans wäre völlig perfekt gewesen.
Die richtige Tendenz, aber doch den falschen Tipp hatten wir bei den Patriots, die nicht nur das Spiel gegen die Ravens knapper halten konnten, sondern sogar gewannen, und bei den Chargers. Die verloren nicht “typisch chargerisch”, sondern “richtig”. Nehmen wir das 2-4, aber scheuen wir uns nicht vor neuen Takes zum 11. NFL-Spieltag.
Vikings zurück ins Playoff-Rennen
Psaier: Minnesota Vikings – Dallas Cowboys (Sonntag, 22:25 Uhr)
Die Minnesota Vikings sind nach drei Siegen in Folge wieder zurück im Rennen um die Playoffs – oder besser: Sie haben ihre kleine Außenseiterchance am Leben gehalten. Mit Spielen gegen Dallas, Carolina und Jacksonville haben die Vikings aber drei „Pflichtsiege“ auf dem Programm, ehe es in eine schwierige Schlussphase geht.
Offensiv hat Minnesota ein gerne unterschätztes Team: Man stellt die viertbeste 1st-Down-Offense nach EPA/Play und hat im „Triple Head Monster“ QB Kirk Cousins, WR Adam Thielen und vor allem WR Justin Jefferson ein gefährliches Passspiel aufgezogen, das besonders bei Play-Action brilliert.
Minnesota hat aber, von oben herab befohlen, eine der lauflastigsten Offenses in jeder Spielsituation – schauen wir uns die Pass-Frequenz der Vikings im Vergleich zum Liga-Schnitt in spiel-neutralen Situationen an:

Doch dafür läuft RB Dalvin Cook momentan zur Hochform auf und hat die meisten Yards nach Kontakt in der NFL. Cook-Running ist zwar nicht, wie in vielen Kreisen geglaubt, MVP-würdig, aber gegen die soften Dallas-Tackles sollte Cook sogar über die Mitte zum Erfolg kommen.
Trotzdem sollte Minnesota vor allem über den Pass zum Erfolg kommen: Dallas hat defensiv prinzipiell nur den Edge-Rush über Demarcus Lawrence und Aldon Smith zu bieten – aber die beiden Vikings-Offense-Tackles Riley Reiff und Brian O’Neill sind gut genug, um eine Implosion zu verhindern. Im 1-vs-1 der Receiver gegen die Dallas-Secondary sind sowohl der atemberaubende Jefferson als auch Thielen deutliche Mis-Matches.
Ich erwarte, dass Dallas eine zeitlang mitgehen kann, u.a. weil QB Andy Dalton zurück ist und Minnesota weder adäquaten Pass-Rush, noch hochklassige Cornerbacks aufbieten kann. Aber die Dallas-Offense müsste schon wesentlich besser performen, als in den letzten Spielen vor der Bye-Week, um hier 60 Minuten oder 10 Drives lang mitzugehen. Ich rechne mit einem Vikings-Sieg.
Team > Superstars
Psaier: Indianapolis Colts – Green Bay Packers (Sonntag, 22:25 Uhr)
Das heimliche Spitzenspiel des Tages. Die Indianapolis Colts stehen bei 6-3 und haben eine der besten Defenses in der NFL (#5 nach EPA/Play, #6 nach PFF Grading), aber ein Kaliber wie QB Aaron Rodgers haben sie diese Saison noch nicht annähernd gesehen. Trotzdem ist das ganze Matchup für die Colts kein schlechtes.
Einmal: Die Packers haben nur drei wesentliche Vorteile – Rodgers, WR Davante Adams und die sehr starke Offensive Line (#1 nach Pass-Block-Win-Rate). Zugegeben: Das sind die drei wichtigsten Vorteile, die man haben kann. Doch Adams ist mit Knöchelverletzung nicht ganz fit, die Defense Line der Colts ist zumindest zu einzelnen Nadelstichen gegen Rodgers imstande und weil auch WR Allen Lazard „questionable“ ist, könnte den Packers weiter eine richtige #2 hinter Adams fehlen.
Und zum anderen hat die Colts-Offense tendenziell alles, was es braucht, um Green Bays Defense zu knacken: Eine starke Offense Line, ein verlässliches Kurzpassspiel mit Crossing-Routen, um die Mitte zu attackieren und als Ergänzung ein quickes Laufspiel gegen Green Bays desaströse Run-Defense.
Das In-Game-Coaching von Green Bays Matt LaFleur war diese Saison besser als erwartet, aber es ist nicht auf einem Niveau mit Colts-Coach Frank Reich, der zu den besten Game-Management-Strategen in der NFL gehört.
Colts – Packers hat ein bisschen was von „Team gegen Superstar-Approach“. Es ist nicht einfach, gegen den offensiv besseren Gegner und gegen die Stars zu wetten, aber die Colts haben alle Mittel, um Green Bay schneller als den Packers lieb ist, eindimensional zu machen, und dem Gegner dann selbst mit langen Drives den Geist auszusaugen. Daher tippe ich hier auf die Colts.
Das Imperium schlägt zurück
Psaier: Las Vegas Raiders – Kansas City Chiefs (Sonntag/Montag 02:20 Uhr)
Die Las Vegas Raiders haben in Woche 5 die Kansas City Chiefs in deren Stadion überraschend 40:32 geschlagen und seither die Ehre, Patrick Mahomes die höchste Niederlage in dessen NFL-Karriere zugefügt zu haben. Die Erfolgsfaktoren in jenem Spiel:
- Derek Carr packte gleich mehrere Male die tiefen Bomben aus und hatte am Ende 370 Passing-Yards und 3 TD. Carr hatte 9.7 Air-Yards/Versuch und die meisten Big-Plays in 3rd Downs.
- Mahomes hielt lange den Ball (fast 4 sek/Pass), wurde in satten 40% seiner 57 Dropbacks unter Druck gesetzt und kassierte dabei 3 Sacks.
- Strafen gegen die Chiefs in mehreren Big-Plays, die u.a. einen 65-yds TD-Pass kosteten.
Die Chancen, dass die Raiders jetzt nochmal einen solchen Coup landen, schätze ich bei nahe null ein. Zum einen kommen die Chiefs aus der Bye-Week zurück, und Andy Reid ist legendär gut nach Bye-Weeks (18-3 Record).
Doch jetzt ist auch der Überraschungseffekt der Raiders-Offense weg. Dass Derek Carr verstärkt tief gehen würde, war nach vier Wochen mit aDOT (durchschnittliche Air-Yards/Pass) von 6.7 Yards damals nicht zu erwarten. Seither? Carr wirft im Schnitt 9.1 Air-Yards/Pass und ist damit zu einem der „Deep-Passer“ geworden. Die Chiefs wissen jetzt, was sie erwartet: 3-4 tiefe Bomben auf Henry Ruggs und Nelson Agholor.
Und drittens muss Las Vegas wohl auf wichtige Verteidiger verzichten, die damals für Pressure gegen Mahomes zuständig waren. Unter anderem EDGE Clellin Ferrell ist noch auf der COVID-Liste und wird nicht sicher spielen.
Chiefs mit 10 oder mehr.
If it’s too broken, you won’t fix it
Sommer: Tennessee Titans @ Baltimore Ravens (Sonntag, 19:00 Uhr)
Was stimmt nicht mit den Ravens? Baltimore steht offensiv auf Rank 24 in DVOA. Die Rush-Offense hat wie erwartet Regression nach unten gezeigt, nicht zuletzt wegen des Renteneintritts von All-Pro Right Guard Marshal Yanda. Das Passing Game ist seit Wochen eines der schlechtesten der Liga. Der Receiving Corps ist dünn, All-Pro Left Tackle Ronnie Stanley ist auch nicht mehr am Start. Aber das sind alles keine Argumente für solch einen Einbruch, von Rank 1 auf 24.
Dadurch, dass das Run Game auf Early Downs nicht mehr so effizient ist, landen die Ravens zu oft in schwierigeren Downs. Lamar Jackson sprach neulich davon, dass die Colts-Defense stets wusste, was kommt. Ist die Offense von Greg Roman zu vorhersehbar? Football-Fachmann Chris Brown sagte Anfang der Woche im The Athletic Podcast mit Robert Mays, dass die Roman-Offense durchaus etwas ausrechenbar wird, speziell im Passing Game. Run-First-Offenses seien davon abhängig, auf First und Second Down genügend Yards zu machen – ein Yard im Schnitt weniger und schon ist man in der Bredouille. Klingt logisch.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Ravens all ihre Probleme innerhalb einer Woche fixen können. Mit Nick Boyle fehlt jetzt auch noch ein wichtiger Blocking Tight End. In der Defense fehlen DE Calais Campbell und DT Brandon Williams – die beiden besten Run Stopper. In der Defense fehlt es nach Verletzungen an Cornerback-Tiefe. Jimmy Smith plagt sich mit Sprunggelenks-Problemen herum. Das schreit nach einem gefundenen Fressen für die Run-First-Offense der Titans rund um RB Derrick Henry. Gegen diese Defense sollte Tennessee in der Lage sein, seine Philosophie herunterzuspielen und zu punkten. LG Rodger Saffold fällt jedoch aus, C Ben Jones ist questionable.
Hier glaube ich nicht an eine deutliche Favoritenrolle der Ravens – ein enges Spiel mit finalem Field Goal oder ein Upset der Titans würde mich nicht umhauen.
Deshaun Watson Show
Sommer: New England Patriots @ Houston Texans (Sonntag, 19:00 Uhr)
Die Patriots sind hier von den Buchmachern favorisiert, doch verstehe ich nicht so recht, warum. Keines der beiden Teams hat sich diese Saison vom anderen in irgendeiner Form abgehoben. Wenn, dann haben die Texans das erheblich bessere Passing Game. Die Patriots haben vor zwei Wochen noch beinahe gegen die sieglosen Jets verloren. Bei den Texans stehen bloß zwei Erfolge gegen die Jaguars auf der Habenseite.
Die Patriots-Defense steht aufgrund ihrer drittmeisten Takeaways auf Platz 17, wenn man EPA/play für den Schedule adjustiert. Doch in puncto Success Rate – alle positiven EPA-Plays – stehen sie auf Rang 32. Auch nach DVOA, das tendenziell stark auf Success Rate fokussiert ist, weniger auf Big Plays, und für den Schedule adjusted, steht New Englands Defense auf Platz 32.
Nach einem brutalen Auftakt mit neuem Offensive Coordinator unter Bill O’Brien gegen die Chiefs, Ravens und Steelers, hat sich das Passing Game der Texans immer mehr gefunden. Über die Saison sind sie bereits knapp in die Top-10 gerutscht (#9 nach EPA/Dropback, #9 nach Pass DVOA), Deshaun Watson hat das fünftbeste Passing Grade laut Pro Football Focus. Seit Woche 4 steht Houston mit 0.28 EPA/Dropback auf Rang 4 hinter den Falcons, Chiefs und Packers. Auch wenn CB Stephon Gilmore zurück ist, sehe ich gegen eine schwache Front Seven hier klare Vorteile für Deshaun Watson und Co.
Die Patriots sollten auf dem Boden leichtes Spiel haben. Reicht das jedoch, um einen “hotten” Deshaun Watson zu besiegen? Das Passing Game der Pats stockt. Und wenn die Defense die Texans nicht auf eine magere Punkteausbeute beschränken kann, reicht das Run Game nicht aus. Prognose: Sieg der Texans.
Der Druck auf Jared Goff ist besonders hoch
Sommer: Los Angeles Rams @ Tampa Bay Buccaneers (Dienstag, 2:25 Uhr)
Die Rams reisen diese Saison bereits zum fünften Mal an die Ostküste – das Konto der Reisemeilen wird immer üppiger. Nicht mit im Flugzeug ist Left Tackle Andrew Whitworth, der wohl wertvollste Offensivspieler der Rams, dessen Name nicht Jared Goff lautet. Letzterer hat seine gesamte Karriere über ein großes Problem mit Druck. Whitworth war stets eine Säule auf der Blind Side – in dieser Saison ist er nach Grading-Prozess von Pro Football Focus der beste Offensive Lineman der Rams. Darüber hat er in dieser Saison ligaweit das vierbeste Grade (88.7) aller Tackles und das zweitbeste Pass Blocking Grade (90.5) nach Ronnie Stanley.
Problem für Goff – Bucs DC Todd Bowles ist ein Meister der Blitze und wird von Beginn an die Höllentore öffnen. Jüngst hat Dolphins HC Brian Flores Goff mit etlichen offensichtlichen und versteckten Blitzen das Leben zur Hölle gemacht. Bowles spielt eine ähnliche Defense, versucht, den Quarterback zu verwirren. Mal kommt die ganze Rasselbande, mal kommt ein überladender Blitz mit überraschenden Drops in Zonen. Und die Run Defense ist auch ganz passabel. Es wird für die Rams-Offense – die seit Woche vier nur auf Rank 26 in EPA/play steht – eine Mammutaufgabe.
Auch die Bucs werden offensiv kein leichtes Spiel haben. Seit Woche 5 steht die Rams-Defense auf Rank 1 in Pass DVOA und Rush DVOA. CB Jalen Ramsey ist gut drauf, Darious Williams spielt auf der anderen Seite nahezu auf All-Pro-Level. DC Brandon Staley macht einen fantastischen Job. Aber lange kann man Mike Evans, Chris Godwin und Antonio Brown dann doch nicht allesamt decken. Irgendwie werden die Bucs hier zu Punkten kommen. Irgendwie sollten sie mehr Punkte hinkriegen als die Rams. Prognose: Sieg der Bucs mit einem Touchdown oder mehr.